Landgrafenhaus
Vom Badehaus zum Hotel
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Wo heute Gesundheitsdienstleister ihren Sitz haben und Patienten behandeln, residierte einst Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel – jedenfalls in den warmen Monaten des Jahres. Aus diesem Grund wurde das Landgrafenhaus früher auch gerne als Sommerresidenz bezeichnet.
Erbaut wurde das zunächst als „kleines Logierhaus“ vorgesehene Gebäude in den Jahren 1791 und 1792 auf Initiative des namengebenden Wilhelm, dem anno 1803 die Kurfürstenwürde verliehen wurde. In diesen Jahren logierten auch zahlreiche bekannte Persönlichkeiten im Landgrafenhaus.
Der Überlieferung nach residierten hier unter anderem der Dichter, Schriftsteller und Naturforscher Johann Wolfgang von Goethe sowie der Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker Friedrich Schiller. Und auch der Dichter, Übersetzer, Theologe und Philosoph Johann Gottfried Herder zählte Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts zu den gern gesehenen und wiederkehrenden Gästen.
Nach der vorübergehenden Besetzung Hessens durch Napoleon nutzte dessen Bruder Jérôme Bonaparte das Landgrafenhaus, in dem er in den folgenden Jahren viele rauschende Feste feierte. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wendete sich jedoch das Blatt: Jérôme musste fliehen, und der Kurfürst kehrte aus dem Exil zurück. Wilhelm I. ließ das Gebäude anschließend in ein Speise- und Kaffeehaus umwandeln.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in den Kellerräumen des Gebäudes eine Molkenkuranstalt eingerichtet. Statt Heilwasser aus Thermalquellen tranken die Kurgäste hier vorwiegend warme Milch oder Molke.
Bei einem Feuer im Jahr 1934 brannte das Gebäude vollkommen nieder. Da die ursprünglichen Baupläne von 1791 noch existierten, konnte das Landgrafenhaus beinahe originalgetreu wieder aufgebaut werden. Anschließend diente es zunächst wieder als Kaffeehaus.
Mitte des 20. Jahrhunderts machte sich das Gebäude einen Namen als Sitz eines balneologischen Instituts: Im Fokus stand die Bäderheilkunde – also die Lehre von der therapeutischen Anwendung natürlicher Heilquellen in Form von Bädern, Trinkkuren und Inhalationen. Eines der Ziele war es, dem Bad Nenndorfer Badearzt eine noch gründlichere Diagnose seiner Patienten zu ermöglichen.
Aktuell befindet sich das Landgrafenhaus im Besitz der Stadt Bad Nenndorf und fungiert quasi als kleines Gesundheitszentrum mitten im Kurort: Hier arbeiten Ärzte, Therapeuten und Pädagogen fachübergreifend zusammen. Zugleich wird schulmedizinisches Wissen kombiniert mit alternativen Verfahren.